Gerade letztens hat mich eine sehr liebe Kundin um einige Schriftvorschläge gebeten für ein Projekt. Ich habe mich gefreut und meine Konditionen mit Stundensätzen etc. per Mail geschickt. Als Antwort kam, dass das eigentlich gar nicht als Arbeit oder Auftrag gedacht gewesen wäre, sondern ich einfach nur mal schnell ein paar Schriftmuster so rüberschicken sollte. Oh. Was?
Da ist mir wieder klar geworden, dass ziemlich viele um mich rum Schriften als etwas ansehen, um das man sich gar keine Gedanken machen muss. Als gäbe es nur 4 oder 5 und man nimmt halt eine von denen oder schickt einfach mal alle rüber zum drüberschauen. Aber für mich hat eine Schrift Charakter. Und eine Stimme. Eine Schrift trägt eine Botschaft vor sich her und die kann von „kindlich“, „verspielt“ über „traditionell“ und „elegant“ bis hin zu „modern“ und „progressiv“ alles ausdrücken.
Und das faszinierende dabei ist, dass fast alle Menschen überall auf der Welt diese Botschaft verstehen. In Sekundenschnelle. Und meistens nicht einmal bewusst. Mir läufts bei schlechter Typografie kalt den Rücken runter. Ist echt so. Und die Qualität einer „Tatort“-Folge kann ich fast immer schon anhand der Typografie des Vorspanns ablesen. Müsst ihr echt mal ausprobieren. Hat eine erstaunlich hohe Trefferquote. Ich bin ein totaler Schrift-Nerd.
Auf meinem Rechner lagern deshalb knapp 2000 Schriften. Das sind so viele, dass mich Indesign regelmäßig warnt, ich hätte eigentlich zuviele. Und ich ergänze die noch ganz regelmäßig um hochwertige Schriften, die mich Geld kosten. Ja, ich bezahle für Schriften. Sehr gerne sogar. Weil ich weiss, wieviel Arbeit in einer gut gemachten Type stecken. Wenn man täglich mit Schriften arbeitet, dann weiß man das mit der Zeit sehr zu schätzen.
Daher suche ich nicht „mal eben schnell“ eine Schrift aus, sondern ich entscheide mich sehr bewusst für eine ganz bestimmte Typografie, die dem Zweck angemessen ist. Das kostet Zeit und braucht Erfahrung. Denn ich stöbere täglich durch die Weiten des Netzes, um neue typografische Trends anzuschauen, frische Schriften zu finden und einfach auf dem Laufenden zu bleiben. Und ich studiere, wie sich Schriften im Laufe der Zeit entwickelt haben, welche Schrift in welcher Ära entstand und wie die verschiedenen Drucktechniken das Schriftdesign mit bestimmt haben.
Wenn ich also in 10 Minuten auf meinem Rechner eine Schrift heraussuche, dann stecken da mindestens 2-3 Stunden Recherche und Vorarbeit mit drin. Und die gibt es halt (genau wie eine gutgemachte Schrift) nicht für umsonst.
Aber dafür bekommt man dann eine Typografie, die passt und Beständigkeit mitbringt.
Also ich finde, dass sich die Investition lohnt. Aber ich bin ja auch ein Schrift-Nerd.
Gutes Design gibt’s einfach nicht umsonst
Wenn man im Bereich Grafikdesign oder Branding arbeitet, bekommt man ab und zu Sätze wie "Mein Logo hab ich selbst gemacht. Da brauche ich keinen Grafiker für." oder "Ich nehme als Schrift immer eine, die ich in Word finde. Das geht schon." zu hören. Ich glaube, dass das in vielen Fällen total in Ordnung geht,…
1 Gedanke zu „Gutes Design gibt’s einfach nicht umsonst“